Neue Energie für die Intralogistik
Die vernetzte Welt mit ihrer Vielzahl an smarten Geräten benötigt immer leichtere und leistungsstärkere Energiequellen. Genau hierfür liefert VARTA passende Lösungen: Als maßgeschneiderte Energieversorgung für unterschiedlichste Anwendungen bietet das Unternehmen ein breites Spektrum an Batteriezellen in unterschiedlichsten Größen und Elektrochemien – unter anderem die stark nachgefragten Lithium-Ionen-Knopfzellen, welche beispielsweise in kabellosen Kopfhörern zum Einsatz kommen. Allein im Werk Ellwangen in Baden-Württemberg werden jährlich mehr als eine Milliarde Batteriezellen produziert – unter anderem Hörgerätebatterien und Uhrenzellen genauso wie die kleinen Lithium-Ionen-Batterien namens CoinPower. Vor allem die Lithium-Ionen-Technologie trägt seit einigen Jahren maßgeblich zum enormen Erfolg des Unternehmens bei.
Vom Wachstum überrollt
„Mit unseren bisherigen Prozessen sind wir von diesem Wachstum regelrecht überrollt worden“, erläutert Markus Berreth, Manager Warehouse & Distribution bei VARTA. Zumal auch der Anspruch der Kunden in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen ist und eine Intralogistik erfordert, mit der das Unternehmen schnell und flexibel darauf reagieren kann. Das bisherige Intralogistik-Konzept nach dem Prinzip „Person-zur-Ware“ stieß an seine Grenzen: „Unser Kommissionier- und Pick-Prozess hat sehr stark auf dem Wissen und Können unserer Mitarbeiter basiert, welche die Pick- und Sortierreihenfolge aufgrund ihrer Erfahrung festgelegt haben. Dabei war die Lagerhaltung über eine größere Fläche verteilt“, erinnert sich Berreth. Weil die Lagerfläche durch das rasante Wachstum nicht mehr ausreichte, mussten außerdem überall, wo Platz vorhanden war, zusätzliche Blocklagerflächen eingerichtet werden. „So haben unsere Mitarbeiter sehr viel Zeit beim Pick-Prozess aufwenden müssen“, ergänzt Benno Diemer, der früher selbst Lagerleiter am Standort Ellwangen war und jetzt mit seinem operativen Know-how als IT EWM Specialist tätig ist.
2018 schließlich zog VARTA die Konsequenz und entschied sich, seine Prozesse umzustellen und in Automatisierung und Höhe zu investieren: „Aufgrund der benötigten Lagerkapazität stand der Entschluss, ein automatisches Hochregallager zu bauen, schnell fest“, berichtet Markus Berreth. „Es sollte die Werkslogistik zentralisieren, die Produktion bedienen und als Versand- sowie Fertigwarenlager fungieren.“ Mit der Realisierung des neuen Lagers beauftragte VARTA den Intralogistik-Experten viastore SYSTEMS aus Stuttgart. „Hier stimmte von Anfang an die Chemie“, verdeutlicht Bernd Geiger, Head of Supply Chain Management bei VARTA. „Außerdem hatte viastore mehrere passende Referenzprojekte, die wir besichtigen konnten. Alles in allem bot viastore ein All-in-one-Paket mit Lager- und Fördertechnik sowie der entsprechenden Software für die Lagerverwaltung.“ Der Generalunternehmer offeriert gleich zwei Software-Lösungen aus einer Hand: Entweder das intuitiv bedienbare Warehouse Management System (WMS) viadat der Schwestergesellschaft viastore SOFTWARE oder in Partnerschaft mit dem Dortmunder Software- und Beratungshaus prismat die Umsetzung der gesamten Lagerverwaltung sowie Materialflusssteuerung mit SAP EWM.
Lagerverwaltung mit Blick in die Zukunft
Diese SAP-Orientierung war ein Hauptgrund, warum VARTA mit viastore zusammenarbeiten wollte: Denn am Standort Ellwangen ist SAP als ERP-System im Einsatz, und das Unternehmen wollte eine durchgängige SAP-Lösung. „Wir planen, in den nächsten Jahren auf SAP S/4Hana umzusteigen. Daher hat es nur wenig Sinn, jetzt ein Warehouse Management System wie viadat an SAP WM anzubinden, wenn es SAP WM nachher so im S/4Hana nicht mehr geben wird“, unterstreicht Roland Kraft, Manager SAP Operational Processes, den Entschluss, das neue Lager gleich mit SAP EWM (Extended Warehouse Management) zu steuern. „EWM bringt viele Funktionen mit, die wir bisher in SAP WM selbst programmieren mussten. Zudem läuft die Software unter der aktuell bei uns eingesetzten SAP-Version genauso wie zukünftig unter S/4Hana – alles, was das EWM jetzt abbildet, kann grundsätzlich auch unter S/4Hana weiterlaufen. Neuerliche Programmierarbeiten sind somit nicht nötig.“
Schnellere Implementierung dank Standard-Schnittstelle
Auch bei der Anbindung des neuen automatischen Hochregallagers konnte viastore eine effiziente Lösung bieten, erläutert Dennis Schöck, Projektmanager bei prismat: „Im Rahmen unserer engen strategischen Partnerschaft haben wir gemeinsam eine standardisierte Schnittstelle zwischen SAP EWM MFS und der viastore-SPS entwickelt. So können Telegramme direkt zwischen EWM und SPS ausgetauscht werden.“ Ohne diese standardisierte Schnittstelle hätte die Kommunikation zwischen Steuerung und Software individuell programmiert werden müssen – ein Aufwand, der durch die Kooperation von viastore und pismat entfällt. „Wir mussten lediglich Konfigurationen vornehmen, der Implementierungsaufwand hat sich dadurch auf die kundenspezifischen Anforderungen beschränkt“, beschreibt Schöck den Vorteil für VARTA.
Das SAP EWM MFS kommuniziert direkt mit der von viastore gelieferten Lagertechnik: Es werden Informationen mit der Steuerung ausgetauscht – diese umfasst einen Fördertechnik-Loop, über den drei Kommissionierplätze mit insgesamt sechs Palettenstaplern bedient werden, einen Querverteilwagen, drei Kontrollplätze, zwei separate Wareneingänge mit jeweils einem eigenen „Nicht-in-Ordnung“-Platz (NIO) sowie einen vollautomatischen Paletten-Folienwickler und den Warenausgang. „Wir haben zudem einen Verwiegungsarbeitsplatz integriert, auf dem die für den Versand verpackten Paletten gewogen und mit dem in SAP EWM hinterlegten Soll-Gewicht verglichen werden“, konkretisiert Schöck. Erforderliche Anpassungen des SAP-Systems betrafen insbesondere die Web-Applikationen an den verschiedenen Arbeitsstationen, führt er aus: „Die Interfaces haben wir nach den individuellen Wünschen von VARTA umgesetzt. Darüber hinaus ist der Abdeckungsgrad im SAP-EWM-Standard sehr hoch.“
Zentrales Element im Unternehmen
Über eine weitere SPS kommuniziert das SAP EWM mit den Regalbediengeräten (RBG). „In den vier Gassen des Hochregallagers werden Euro- und Industriepaletten doppelttief gelagert, wobei Plätze für vier unterschiedliche Höhenklassen eingerichtet sind“, erläutert Gregor Rentschler, der Projektmanager von viastore. Insgesamt 9.728 Stellplätze bieten dabei ausreichend Platz für die Lagerung von Batteriezellen in den verschiedensten Fertigungsstufen – vom Halbteil bis zur versandbereit verpackten Batterie. „Eine Vielzahl an Fertigungsbereichen hat Berührungspunkte mit dem HRL“, beschreibt Markus Berreth die zentrale Rolle des Lagers für VARTA. In SAP EWM sind verschiedene Ein- und Auslagerungsstrategien realisiert: So werden die Produkte bei der Einlagerung über die vier Gassen gleichmäßig verteilt, um immer auf alles zugreifen zu können. Auch eine doppelttiefe chargenreine Einlagerung ist möglich. Die Auslagerung kann unter anderem nach dem FIFO-Prinzip (First In – First Out) wie auch nach Herstelldatum erfolgen. Zudem können die Handling-Units sequenziert nach Transporteinheit, Auslieferungsaufträgen und Gewicht an die Kommissionier-Arbeitsplätze angedient werden. „Das SAP EWM bringt hier schon einige Innovationen mit, in SAP WM hätten wir dagegen einiges individuell programmieren müssen“, legt Benno Diemer dar.
Mehr Leistung für VARTA
Bereits im Juli 2020 ging das neue Lager in Betrieb. „Eine extrem kurze Projektzeit, wenn man bedenkt, dass die Entscheidung zum Bau erst 2018 getroffen wurde“, betont Gregor Rentschler. Markus Berreth ergänzt: „Unser Ziel war, dass sowohl unsere Kunden als auch unsere Produktionsbereiche nichts von der Neustrukturierung mitbekommen. Das haben wir auch erreicht – trotz des hohen Wachstums.“ Auch wenn die Lager-Mitarbeiter eine gewisse Eingewöhnungszeit für die neuen Prozesse benötigt haben, ist die Akzeptanz für das Logistik-System enorm hoch, schildert Markus Berreth: „Die Logik und Sortierreihenfolge ist jetzt komplett systemgestützt, was die Geschwindigkeit enorm erhöht.“ Das Ware-zur-Person-Prinzip spart viel Zeit, wie Benno Diemer aus eigener Erfahrung berichten kann: „Heute können wir pro Mitarbeiter deutlich mehr Pick-Prozesse abarbeiten.“ Das Fazit von Fabian Stock, Head of Business Development bei VARTA, fällt ebenfalls sehr positiv aus: „Ohne die hervorragende Zusammenarbeit aller Beteiligten – Lager-, Logistik- und SAP-Team, Werksplanung und Haustechnik sowie das Architektenteam um Generalplaner Koch Architektur eingeschlossen – wäre dieses Projekt nicht so erfolgreich gewesen. Das gesamte Team glänzte durch seine pragmatische, agile und schnelle Arbeitsweise. Wir bedanken uns bei allen Involvierten – insbesondere bei viastore und prismat.“